Andreas Liebmann

Blue Garden

1. Preis Fiktion SonOhr Festival Bern 2017

Altes Zürcher Bürgertum, zerfallende Biographien, heimisches Geld. Eine Old Lady blickt auf ihr von materiellen Sorgen unbeschwertes Leben zurück: In den 30ern residierte sie mit ihrer Familie in einem herrschaftlichen Anwesen am Zürichhorn – dem heutigen Museum Bellerive. Die Flucht nach New York verschob Vermögen und Perspektiven. Ein Superheld aus dem Niederdorf kämpfte gegen einen Drachen. Die Tonhalle zerbarst. Ein Lachs wurde von den Marmorsäulen seiner Sehnsucht erschlagen, das neue Zürich vor Augen, das in Lebensqualität erstickt. Ein nostalgischer Trip ohne Vergangenheit.

Das Hörspiel wurde für als theatrale Hörspielinstallation entwickelt und später von Radio SRF2 gesendet.

Der Stoff basiert auf Lebenserinnerungen von Mitgliedern eines Zweigs der Familie des Autors/Regisseurs. Die Cousine seines Vaters ist im heutigen Museum Bellerive aufgewachsen. Ihr Vater, Julius Bloch, ein Zürcher Seidenhändler, hatte das Anwesen gemeinsam mit seiner amerikanischen Frau Dolci Sulzberger bauen lassen. Das Bellerive ist ein herrschaftliches Anwesen mit separaten Eingängen für Bedienstete, einer grossen Marmortreppe für gesellschaftliche Auftritte und einem Männersalon für zigarrenrauchende Stützen einer nervösen Gesellschaft. Wegen des Krieges zieht die jüdische Familie nach Amerika, wo sie später heimisch wird und ihren Reichtum in Eigentumswohnungen und lebenslange Absicherung verwandelt. Der Vater und Hausbesitzer aber kehrt noch Anfang der 40er Jahre nach Zürich zurück, wo er in seinen Mauern mit Blick auf den See stirbt. Die 90jährige grand Dame lebt noch heute in New York. Ihr Geld bewahrte sie vor der Erwerbsarbeit, von der sie lapidar sagt: “I tried it once, but I didn’t like it”.

Das Hörspiel, das im Theater der Künste in Kombination mit einem Live-Auftritt von Peter Liebmann (Andreas Liebmanns 84-jähriger Vater) am Cembalo als Performance zu erleben war, entwickelt aus den Erinnerungen der 90jährigen Exil- Zürcherin, sowie weiteren Stimmen im Umkreis dieser Familie, ein fiktionales Porträt des alten Zürcher Geldes und einer von diesem alten Geld geprägten Gesellschaft, die sich durch politische und wirtschaftliche Mutationen in das heutige Zürich verwandelt hat, das zwischen Gemütlichkeit und Big Business der weltweit besten Lebensqualität nachjagt.

Als Protagonistin des Hörspiels agiert die Trägerin des Schweizer Theaterpreises Nikola Weisse.

Text und Regie Andreas Liebmann Mit Martin Klaus, Pascale Pfeuti, Georg Scharegg und Nikola Weisse Musik Matthias Meppelink Dramaturgie Lisa Friedrich Technik Jean Szymczak Produktion Eigenproduktion 2015 Aufführungsorte: ZHDK Zürich, Theater Winkelwiese Zürich, Theater Chur, Schweizer Radio SRF2, Kulturhaus Helferei Zürich